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Bericht des Vorsitzenden Manfred Domrös über das Mädchenheim in Badulla
...im Anschluss an zwei Besuche

25. September 2024

Liebe Mitglieder und Freunde der Sri Lanka Kinder-in-Not Kampagne,

im Rahmen von zwei Freundesreisen nach Sri Lanka im Februar und März 2024 hatte ich auch die Gelegenheit, mit beiden Reisegruppen ‚unser’ Mädchenheim in Badulla zu besuchen, zu dem wir als Sri Lanka Kinder-in-Not Kampagne nun schon seit vielen Jahren engen Kontakt haben. Das in der Hochblüte der britischen Kolonialzeit vor über 130 Jahren von Missionaren gegründete Mädchenheim gehört rechtlich der (Methodistisch-Evangelischen) Kirche von Sri Lanka; es besteht aus einem Komplex von mehreren Gebäuden, gelegen an einer Hauptverkehrsstraße am Rande der Stadt Badulla.

B ad u l l a
. . . heißt der Ort, in dem sich das Mädchenheim befindet. Badulla ist eine ‚richtige‘ Stadt in Sri Lanka, keine Großstadt, eher eine Mittelstadt mit einem ausgeprägten städtischen Charakter: mit vielen Geschäften, Basaren und Märkten und dickem Autoverkehr. Die Stadt liegt rund 600 Meter hoch malerisch in einem Becken, umrahmt von Teebergen. Das Klima ist typisch tropisch: heiß und schwül. Regen prasselt auch oft vom Himmel.
Badulla zählt rund 50.000 Einwohner und ist sowohl Distrikt- als auch Provinzhauptstadt mit zahlreichen übergeordneten administrativen Einrichtungen (Polizei, Gericht, Krankenhaus etc.). Badulla ist auch ein bedeutendes überregionales Schulzentrum und besitzt sogar eine Technische Universität. Die Stadt ist ein wichtiges Verkehrszentrum zwischen dem Bergland und dem Osten der Insel; in Badulla endet die Eisenbahn von Colombo (rund 300 km), die auch den als eine der schönsten Bahnstrecken der Welt gepriesenen Streckenabschnitt durch die malerischen Teeberge von Sri Lanka einschließt. Die Stadt Badulla zählt jedoch nicht zu den beliebten touristischen ‚Hot Spots‘ der Insel.
Die Mädchen im Mädchenheim besuchen je nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit eine staatliche Schule in Badulla, entweder für singhalesische oder tamilische Kinder; Schulpflicht besteht im Lande für alle Kinder ab dem 5. Lebensjahr. Der Schulabschluss erfolgt entweder mit dem sog. ‚Ordinary Level‘ (vergleichbar mit der Mittleren Reife) oder mit dem ‚Advanced Level‘ (vergleichbar mit dem Abitur). Die betreffenden Schulen sind einen Fußweg von rund 15 Minuten vom Mädchenheim entfernt.
Das Mädchenheim liegt am Rand der Stadt Badulla, an der Mahiyangana Road, die eine wichtige, großen Ausfallstraße ist; Geschäfte für den alltäglichen Bedarf säumen die Straße.

Wir - die Sri Lanka Kinder-in-Not Kampagne - betrachten das Mädchenheim als ‚unser’ Heim, insofern vereinsseitig Patenschaften für alle dort lebenden 24 Mädchen im Alter von sechs bis 19 Jahren bestehen und der Verein auch für die Personalkosten aufkommt und darüberhinaus nach besten Kräften mit den uns zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln das Heim hinsichtlich dringend anstehender baulicher Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen der Gebäude unterstützt. Etliche Paten waren unter den Mitreisenden, so dass die Freude über das persönliche Kennenlernen der Paten-Mädchen besonders groß war. Anderen Mitreisenden war das Mädchenheim in Badulla nur namentlich bekannt, so dass die Freude um so größer war, nun persönlich einen Eindruck vom Heim und den Mädchen zu bekommen.


Schon der Empfang und die Begrüßung durch die Mädchen war überwältigend: Wie warmherzig und begeistert hießen uns doch die Mädchen willkommen. Sie standen Spalier, als wir durch das Straßentor in die gepflegte Gartenanlage schritten; jedem von uns wurde zur Begrüßung eine Girlande umgehängt und eine Blume überreicht. Die prächtig gekleideten Mädchen strahlten nur so vor Freude. Gäste sind im Mädchenheim nun einmal keineswegs die Regel; eher kommen Besucher höchst selten . . . und dann noch von so weit her . . . aus dem über achttausend Kilometer fernen Deutschland. Zugegeben, die Freude war auch auf unserer Seite, am größten bei denen von uns, die Paten von Mädchen im Heim waren.

Die Mädchen nahmen uns liebevoll an die Hand und führten uns - vorbei an einem Reisfeld und einigen Gemüsebeeten - sofort in die sogenannte Festhalle (die für besondere Anlässe dient, und wir waren als Gäste aus Deutschland so ein besonderer Anlass): Die Halle war ein schlichter rechteckiger Saal unter einem Wellblechdach, vorne eine Bühne, an den anderen drei Seiten offene Fronten ohne Fenster und Scheiben, ein rot gestrichener Betonfußboden, harte Sitzmöbel aus Blechstühlen. Die Heimleitung hatte mit den Mädchen ein fröhliches Programm mit Musik-, Gesang- und Tanzdarbietungen vorbereitet; fehlen durften natürlich nicht Gruß- und Willkommensworte; es ging heiter her! Zu unserer Überraschung und Freude waren die Liedvorträge in Englisch (womit die Mädchen einmal mehr unter Beweis stellen wollten, dass sie seit einiger Zeit an englischen Sprachkursen im Heim erfolgreich teilnahmen; die beiden Sprachlehrer Mr. und Mrs. Ratnayake waren präsent und strahlten vor Glück über die erzielten Spracherfolge.)

Wir zollten den Mädchen riesigen Applaus für ihre gelungenen und überzeugenden Darbietungen; die Mädchen verneigten sich artig und strahlten vor Freude über die Freude, die sie uns Gästen bereiteten. Selbstverständlich hatten wir kleine Geschenke für die Mädchen mitgebracht: von Haarspangen und Buntstiften und Kugelschreibern . . . bis zu Süßigkeiten. Auch in Sri Lanka freuen sich Kinder über Geschenke, die Gäste mitbringen, wenn sie zu Besuch kommen. ‚Thank you‘, ‚thank you‘ waren die häufigsten Wörter aus strahlenden Kindergesichtern.

Das Heim ließ es sich nicht nehmen, die in Sri Lanka übliche Gastfreundschaft zu unter Beweis zu stellen: Einige ältere Mädchen servierten Kuchen und Bananen und schwarzen Tee (ungewohnt mit viel Milch und ebenso viel Zucker!) - nicht nur zur Freude von uns Gästen, sondern auch zur Freude der Mädchen, die eifrig zulangten. Denn unsere Besuche waren sicher besondere Festtage für die Mädchen.

Sodann nahm das Besuchsprogramm seinen Lauf, tatsächlich in Gestalt eines Rundgangs durch die diversen Räumlichkeiten des Heims. Was gab es da nicht alles zu besichtigen, was die Mädchen uns stolz zeigten! Das waren zunächst ihre drei Schlafräume, in denen lediglich Betten und Spinte das zweifelsohne karge und bescheidene Mobiliar bildeten; wie ordentlich hatten jedoch die Mädchen ihre Betten gemacht. Richtig: Für die Ordnung und Sauberkeit der Schlafräume müssen die Mädchen selber sorgen. Auch müssen sie selber ihre Wäsche waschen . . . und ebenso bügeln; eine Waschmaschine gibt es im Heim. Eine Reisegruppe hatte sie vor einem Jahr gespendet.

Weiter ging es . . . in die kleine Bibliothek (die Mädchen lesen sehr gerne!) , ... in den Computerraum (mit einigen installierten Laptops) . . . , in die Nähstube . . . und zu den neuen, strahlend weißen Duschen. Nach Jahrzehnten mit ausschließlich kaltem Duschwasser hat das Mädchenheim nun Warmwasserduschen und Duschkabinen - anstelle einer großen (kalten) Gemeinschaftsdusche, die jahrzehntelang und unverändert für ein wahrlich spartanisches Duschen sorgte. Für die geregelte Wasserzufuhr sorgen eine neue Wasserleitung vom städtischen Wassernetz und auch ein Brunnen auf dem Gelände des Heimes.

Dann ging es in die Küche: ein nochmals bescheidener Raum mit offenem Feuer (wie ein Lagerfeuer mit Holzscheiten), mit einem Kühlschrank und einem Backofen. . . und etlichen Kochtöpfen. Hier sorgt die fleißige Köchin Mrs. Ganeshan Shanta für das leibliche Wohl der Mädchen; auf dem Speiseplan steht an jedem Tag und für jede der drei Mahlzeiten ein landesübliches Reis-und-Currygericht, das aus viel Reis und überschaubaren scharfen Beilagen an Gemüse und dazu am häufigsten etwas Hühnerfleisch besteht. Ja, es wird bescheiden, aber gesund gekocht; stets sollen alle Mädchen satt werden und keines soll hungern. Für eine gesunde Kost ist in jedem Falle gesorgt; dazu beitragen soll auch das Gemüse aus dem ökologischen Anbau im eigenen Garten. Im Heim gilt die Regel, dass keine Nahrungsmittel verschwendet bzw. weggeworfen werden, eher wird sparsam und angemessen eingekauft. . . Wofür die Köchin viel Geschick aufbringen muss, angesichts der in die Höhe geschnellten Preise für alle Nahrungsmittel auf Grund der Wirtschaftskrise, in der Sri Lanka steckt.

Alle Mädchen sind zur Mithilfe in der Küche eingeteilt: Aus einem Küchenplan kann jedes Mädchen leicht ersehen, wann und zu welchen Mahlzeiten es Küchendienst hat. Denn schließlich sollen die Mädchen für ihr späteres Leben auch das Kochen erlernen!

Der bescheidene Speiseraum liegt gleich gegenüber von der Küche. Dort werden alle Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. Und jedes Mädchen isst selbstverständlich seinen Teller leer und spült ihn auch ebenso wie seinen Trinkbecher. Gegessen wird natürlich landesüblich nur mit den Fingern der rechten Hand, ohne Besteck.

Besonders stolz sind die Mädchen auf ihren neuen Spielplatz mit ordentlichen Spielgeräten; der Spielplatz wurde erst kürzlich angelegt und eingezäunt, damit keine Katzen oder Hunde den Bodenbelag aus Holzspänen verunreinigen. Hier können sich die Mädchen in ihrer Freizeit richtig austoben!

Freizeit? Ja, die haben die Mädchen in ausreichendem Maße, wo sie dann gerne spielen und singen und tanzen . . . oder Fahrradfahren oder lesen. Jedes Mädchen soll auch seine Talente pflegen und vertiefen können. Gleichwohl nimmt der Besuch der Schule und die Erledigung der Hausaufgaben den größten Teil des Tages ein. Das Heim legt auf eine ordentliche Schulbildung und einen qualifizierten Schulabschluss den größten Wert, weil dadurch die Chancen für eine Weiterbildung mit einer guten späteren beruflichen Qualifikation am ehesten gewährleistet sind. Bildung ist nun einmal mehr der Schlüssel für eine gute Zukunft! Und außerdem gibt es für die Mädchen Tutorien in Englisch und in Mathematik, die eine sinnvolle Investition für eine ergänzende qualifizierte Schulbildung darstellen. In beiden Fällen hat das Heim glücklicherweise qualifizierte Lehrer gefunden, die jeweils an zwei Nachmittagen die betreffenden Tutorien im Mädchenheim durchführen. Nicht zu vergessen sind auch die Nähkurse, die einmal pro Woche von einer Schneiderin durchgeführt werden. Schließlich wird auch Computerunterricht erteilt: Bereits während der Coronapandemie und dem dadurch bedingten ‚Home Schooling‘ hatten sich die Mädchen Grundkenntnisse im Umgang mit dem Laptop angeeignet, die nun schrittweise weiter ausgebaut werden.

All diese außerschulischen Aktivitäten haben die Mädchen mit großer Begeisterung vorgestellt (begleitet von einem Lächeln der fürsorglichen Heimleiterin Mrs. Girty) - wobei den Mädchen immer wieder ein ‚Thank you‘ . . . ‚Thank you‘ über die Lippen glitt. Schließlich ist ihnen bekannt, dass die Kosten für all die genannten Maßnahmen durch Geldspenden von Freunden der Sri Lanka Kinder-in-Not Kampagne aus Deutschland ermöglicht werden. Nur zu deutlich spürbar war auch der Dank der Mädchen, dass sie im Mädchenheim eine liebevolle und fürsorgliche Aufnahme gefunden haben, die ihnen zu Hause in zerrütteten und zerbrochenen Familien nicht gegeben ist.

Hier im Heim in Badulla sorgen die Heimleiterin Mrs. Girty zusammen mit der Hausmutter Miss Priya mit großem und liebevollem Engagement dafür, dass die Mädchen in einer fröhlichen Hausgemeinschaft bei gegenseitigem Respekt und Toleranz (auch gegenüber ethnischen Unterschieden) und Nächstenliebe aufwachsen. Jedes Mädchen darf sich angenommen wissen und soll die Chance haben, sich mit seinen Talenten zu einer Persönlichkeit zu entwickeln, um im späteren Leben in Familie und Beruf charakterfest zum Wohl der Gesellschaft beizutragen. Darauf zielt auch die Vision des Mädchenheimes, dass sich junge Mädchen aus sozialen Randgruppen unter Anerkennung von Kinderrechten würdig und gleichberechtigt akzeptiert wissen.

Beeindruckt von der fröhlichen Heimgemeinschaft hieß es schließlich für beide Reisegruppen Abschied zu nehmen. Gerne wäre man noch länger zusammen mit den Mädchen geblieben, doch erwartete uns unser Hotel rechtzeitig zum Abendessen. Der übereinstimmende Eindruck von beiden Reisegruppen war, dass sich die Mädchen im Heim wohlfühlen und sie dort ein respektables (Ersatz-)Zuhause haben. Die Mädchen winkten stürmisch, als der Reisebus sich in Gang setzte. ‚Please, come again, come again‘ - ‚Bitte, kommt wieder‘ ... erklang es aus etlichen Kehlen der Mädchen, die die ‚Tanten’ und ‚Onkel’ aus Germany rasch in ihre Herzen geschlossen hatten. Unsererseits galt den Mädchen ein herzliches ‚Ayubowan‘: Lebt wohl!

Wie beeindruckt und ergriffen von der beglückenden Heimatmosphäre die zweite Reisegruppe war, zeigte der spontane Entschluss, ein Abschiedsgeschenk in Gestalt einer Nähmaschine für das Heim zu spenden. Rasch war das Geld dafür zusammengelegt; ja, dank einer zusätzlichen Spende reichte es sogar für die Beschaffung einer zweiten Nähmaschine! Die rührige Heimleiterin Mrs. Girty hatte verhalten einen solchen Wunsch geäußert, als sie gefragt wurde, womit den Mädchen eine besondere Freude bereitet werden würde. Nun können die Mädchen in einer Nähschule unter fachkundiger Anleitung lernen, wie man geschickt mit Nadel und Faden arbeitet, um sich vielleicht selber ein Kleidungsstück zu schneidern. . .?!

Im Verlauf der Weiterreise durch die viel zitierte ‚strahlend schöne, königlich leuchtende Insel’ (Sri Lanka) wurde dem Mädchenheim in Badulla noch viel Anerkennung gezollt, verbunden mit dem Wunsch, dass die Mädchen sich dort auch weiterhin wohlfühlen und eine glückliche und fröhliche Gemeinschaft bilden.

im September 2024
Manfred Domrös

 

 

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